Die Eisenbahnstrecke von Königs Wusterhausen nach Grunow und Frankfurt/Oder

Verkehrstechnisch gesehen lag das kleine Fischerdorf Zernsdorf lange Zeit am Ende einer Sackgasse, denn Seen und Sümpfe blockierten den Weg nach Osten. Erst der Bau eines Dammes zwischen Krüpelsee und Lankensee für Eisenbahn und Strasse schuf eine Verbindung nach Bees-kow und weiter nach Frankfurt an der Oder. Die eingleisige Nebenstrecke, weil auf gelbem brandenburgischen Sand gebaut auch Wüstenbahn genannt, wurde 1898 auf ihrer Gesamtlänge von KW nach Grunow in Betrieb genommen. Wie in vielen Regionen um Berlin gab es auch in einigen Orten an der neuen Bahn Ziegeleien und Kiesgruben, die nun diese Baustoffe in die expandierende Residenzstadt schnell und kostengünstig transportieren konnten. Dank der Eisenbahn entwickelte sich Zernsdorf zum einem großen Industriestandort. Die Bahn spielte nicht nur im Güterverkehr eine entscheidende Rolle, sondern auch beim Transport tausender Arbeiter zu den Betrieben - bis zum Wendejahr 1990. Unter den neuen wirtschaftspolitischen Bedingungen wurden alle Betriebe in Zernsdorf "abgewickelt": Schwellenwerk, Betonwerk, Möbelkombinat und Getränkekombinat. Auch die militärischen Einrichtungen in Niederlehme und Kablow wurden geschlossen. Damit war die Existenzberechtigung der Bahnstrecke weggefallen. Trotz drohender Einstellung wurde die Bahnlinie um 2013 entsprechend der Musterstrecke Wismar-Doberan-Rostock modernisiert, d.h. Bahngebäude verkauft, alle Nebengleise entfernt, Gleisanschlüsse abgebaut, Bahnsteige verkürzt und elektronische Leit- und Sicherungstechnik eingeführt. Nun genügt die Strecke lediglich dem Personenverkehr mit kleinen Dieseltriebwagen RS 1 der Niederbarnimer Eisenbahn (NEB). Kesselwagenzüge mit Heizöl und Benzin verkehren gelegentlich als Sperrfahrt von KW bis zum ehemaligen Militär-Tanklager in Kablow, das jetzt von der Firma TABEG betrieben wird. Die Traktion besorgte zunächst die Leipziger Eisenbahn Gesellschaft (LEG) mit Loks der DR-Baureihe 132. Derzeit sind moderne Lokomotiven verschiedener EVU im Einsatz. Den Kablower Güterbahnhof hat die TABEG von der DB-AG gekauft. Sehr selten ist nachts ein kurzer Güterzug nach Beeskow mit DB-Loks Baureihe 298 unterwegs, um das dortige Spanplattenwerk zu beliefern. 


Königs Wusterhausen

Bahnhof

S-Bahn

Bereits in den dreißiger Jahren war bei den gigantischen Planungen zur Umgestaltung der Berliner Bahnanlagen eine zweigleisige Verlängerung der S-Bahn von Grünau nach Königs Wusterhausen für das Jahr 1942 vorgesehen. In den S-Bahnverkehr sollten auch die Strecken von KW nach Grunow und nach Halbe mit Dieseltriebwagen einbezogen werden. Kriegsbedingt unterblieb all das jedoch. Die DDR setzte dann die alten Pläne der elektrischen S-Bahn nach KW neun Jahre später um, allerdings zum Teil nur eingleisig...

Am 30. April 1951 wurde die Strecke der Berliner S-Bahn von Grünau nach Königs Wusterhausen feierlich eröffnet. Im Bild ist der erste elektrische Zug Richtung KW zu sehen und der damalige DDR Verkehrsminister Reingruber bei einer Ansprache auf Bahnhof Eichwalde.

Der Eröffnungszug in Grünau...

Hafen

Im Hafen Königs Wusterhausen werden immer wieder ausgemusterte Fahrzeuge von S-Bahn und U-Bahn aus Berlin verschrottet. Umfang-reiche Gleisanlagen und zwei Sturzgerüste waren für den Umschlag von Braunkohle von der Bahn auf Schiffe vorhanden. Seit 2017 gibt es die Braunkohletransporte nicht mehr.

Eisenbahnersiedlung

Im Königs Wusterhausener Kirchsteig nahe am Bahnhof hatte die Reichsbahn Mehrfamilienhäuser für ihre Bediensteten errichtet. Diese wohnten hier streng hierarchisch getrennt: Einige Blocks waren mit Zweizimmerwohnungen für Mitarbeiter unterer Dienste vorgesehen, z.B. für Heizer. Stieg man zum Lokführer oder Fahrdienstleiter auf, konnte eine Dreizimmerwohnung in anderen Blocks bezogen werden. Heute sind die Häuser modernisiert und nicht mehr im Besitz der Eisenbahn.


Historische Bilder


Fotos nach 1990