Was Du nicht willst, was man Dir tu', das füg' auch keinem andern zu.

Gedichte und Aphorismen

Ragout fin de siecle (Erich Kästner)

 

Hier können kaum die Kenner

in Herz und Nieren schauen.

Hier sind die Frauen Männer.

Hier sind die Männer Frauen.

...

Hier findet sich kein Schwein zurecht.

Die Echten sind falsch, die Falschen sind echt,

und alles mischt sich im Topf,

und Schmerz macht Spaß und Lust zeugt Zorn,

und oben ist unten und hinten ist vorn.

Man greift sich an den Kopf.

 

Von mir aus schlaft euch selber bei!

Und schlaft mit Drossel, Fink und Star

und Brehms gesamter Vogelschar!

Mir ist es einerlei.

 

Nur schreit nicht dauern wie am Spieß,

was ihr für tolle Kerle wärt!

Bloß weil ihr hintenrum verkehrt,

seid ihr noch nicht Genies.

 

Na ja, das wäre dies.

 


Goethe, Faust, Mephisto:

Ich bin der Geist, der stets verneint!
Und das mit Recht; denn alles, was entsteht,
Ist wert, daß es zugrunde geht;
Drum besser wär's, daß nichts entstünde.

 

Friedrich II, König von Preussen

Alle Religionen seindt gleich und guht, wan nuhr die leute, so sie profesieren, erlige leute seindt, und wen Türken und Heiden kähmen und wollten das Land pöplieren, so wollen wir sie Mosqueen und Kirchen bauen.

General Harras (aus "Des Teufels General" von Carl Zuckmayer):

Denken Sie doch - was kann da nicht alles vorgekommen sein in einer alten Familie.

Vom Rhein - noch dazu. Vom Rhein. Von der großen Völkermühle. Von der Kelter Europas.

Und jetzt stellen Sie sich doch mal Ihre Ahnenreihe vor - seit Christi Geburt.

Da war ein römischer Feldhauptmann, ein schwarzer Kerl, braun wie 'ne reife Olive, der hat einem blonden Mädchen Latein beigebracht.

Und dann kam ein jüdischer Gewürzhändler in die Familie, der ist noch vor der Heirat Christ geworden und hat die katholische Haustradition begründet. -

Und dann kam ein griechischer Arzt dazu, oder ein keltischer Legionär, ein Graubündner Landsknecht, ein schwedischer Reiter, ein Soldat Napoleons,

ein desertierter Kosak, ein Schwarzwälder Flözer, ein wandernder Müllerbursch aus dem Elsaß, ein dicker Schiffer aus Holland, ein Magyar, ein Pandur,

ein Offizier aus Wien, ein französischer Schauspieler, ein böhmischer Musikant -

das hat alles am Rhein gelebt, gerauft, gesoffen und gesungen und Kinder gezeugt -

und - und der Goethe kam aus demselben Topf, und der Beethoven, und der Gutenberg,

und der Matthias Grünewald - und - ach was, schau im Lexikon nach. Es waren die Besten.

Die Besten der Welt. Und warum? Weil sich die Völker dort vermischt haben. Das ist natürlicher Adel.

 

 

Think about: Whatever happens between now and then, tomorrow is another day...

 

 


Selbstgebackenes

Wir sind alle Bürger dieser Welt, Weltbürger also. Das schließt nicht aus, sein Land zu lieben. Aber nie "über alles auf der Welt"! 

 

Schwarz-rot-gold wird im Osten jetzt gerne geschwenkt. Der Westen hatte sich das gottlob schon lange abgewöhnt. 

 

Karl Marx ist nie Marxist gewesen.

 

Die "Innen"-Ideologie führt direkt von der Herrschaft des Proletariats zur Frauschaft des Vegetariats.

 

Alles, was der Mensch produziert, bedarf nach einiger Zeit der Reparatur und schließlich der gänzlichen Rücknahme.

 

Bedeutende Menschen haben stets Bewunderswertes mit ihren Händen oder ihrem Intellekt aufgebaut, um es dann unweigerlich mit dem Hintern wieder einzureißen. Das üben wir schon als Kinder mit Bauklötzchen-Türmen.

 

Der Mensch ist wie ein Perpetuum Mobile: Immer in sinnfreier Bewegung, vorzugsweise automobil. 

 

Fortschritt: Vom Nomadenleben zur Seßhaftigkeit und wieder zurück, aber mit Hightech.

 

Wo der Zeitgeist weht, riecht es nicht immer gut.

 

Ein Quantensprung ist die kleinst-mögliche Bewegung, also das richtige Maß für das, was Menschen Fortschritt nennen.

 

An welche Kirchentür würde Martin Luther heute Thesen anschlagen? Vermutlich an eine evangelische!

 

Im Krieg gegen die Natur setzt der Mensch Massenvernichtungsmittel ein: das Auto und die Chemie.

 

 Das gegenwärtige Erdzeitalter ist zweifellos das Anthropozän, deshalb geht's bald schon stracks zurück ins Hadaikum.

 

Superlative überschwemmen unsere Sprache; ham wer's nicht ne Nummer kleener? So ist heutzutage ist alles eine Herausforderung!

Beim Boxen stimmt's, ansonsten ist Aufgabe oder Arbeit gemeint. Dann sagt es doch auch so. 

 

Es ist immer leichter, bequemen Unwahrheiten zu folgen als unbequemen Wahrheiten.

 

Man kämpft für die Freiheit, die Automarke und das Urlaubziel wählen zu dürfen. Dabei bleibt stets die Freiheit des Geistes auf der Strecke. 

  

 

Mobilität

 

Wer täglich mit dem Auto fährt

und somit den Verkehr vermehrt,

der lebt auf jeden Fall verkehrt.

Denn dann gibt‘s Stau! Stau! Stau!

 

Die Lösungen sind stets die Gleichen.

Die Industrie und ihres gleichen

stell‘n hier allein die Zukunftsweichen.

Das ist der Strassenbau, -bau, -bau!

 

Warum kann man nicht anders denken,

um die Verkehrsströme zu lenken?

Zum Beispiel, den Verkehr zu senken?

Der Himmel bliebe blau, blau, blau!

 

Auf Autofahrten zu verzichten,

um nicht die Umwelt zu vernichten,

auch anderes neu zu gewichten:

 

Das wäre schlau, schlau, schlau!


Lesestoff

Bruhns, Wibke (2004) Meines Vaters Land; Ullstein Buchverlage, Berlin.

 

Delius, Friedrich Christian (1995) Der Spaziergang von Rostock nach Syrakus; Rowohlt Verlag, Reinbek.

 

Fontane, Theodor (1861-1888) Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Band 1 bis 5; Fontane Bibliothek, Verlag Ullstein, Berlin,

 

Fuhrhop, Daniel (2015) Verbietet das Bauen! Eine Streitschrift; Oekom Verlag, München.

 

Grass, Günter (1993) Ein Schnäppchen namens DDR; Steidl Verlag, Göttingen.

 

Haffner, Sebastian (1981) Preußen ohne Legende; Goldmann Verlag, München.

 

Hintze, Otto (1916) Die Hohenzollern und ihr Werk; Verlag Paul Parey, Berlin.

 

Klingholz, Reiner (2021) Zu viel für diese Welt; Edition Körber, Hamburg

 

Lichtenberg, Georg Christoph (1923) Vermischte Schriften, Band 1 und 2; Erasmus Verlag, Berlin.

 

Mann, Golo (1971) Wallenstein; S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main.

 

Schneider, Wolf (2008) Speak German!, Rowohlt Verlag, Hamburg

 

Tucholsky, Kurt (1965) Ausgewählte Werke, Band 1 und 2; Rowohlt Verlag, Reinbek.